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Darf das Registergericht das Verfahren der Beschlussfassung prüfen?

Eine Satzung enthielt für die Beschlussfassung einer Satzungsänderung Anforderungen an die Beschlussfähigkeit der Mitgliederversammlung, konkret die Anwesenheit von zwei Dritteln der Mitglieder. Dass dies in der Praxis häufig nicht zu schaffen ist, ist bekannt. Was passiert, wenn trotzdem Beschlüsse gefasst werden?

Der Fall:

In der Satzung des Vereins war zur Satzungsänderung unter § 9 Absatz 6 Folgendes geregelt:

„Zur Beschlussfassung über die Änderung der Satzung ist die Anwesenheit von zwei Dritteln der Vereinsmitglieder erforderlich. Ist die Mitgliederversammlung nicht beschlussfähig, so ist vor Ablauf von vier Wochen seit dem Versammlungstag eine weitere Mitgliederversammlung mit derselben Tagesordnung einzuberufen. ...... Die neue Mitgliederversammlung ist ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Mitglieder beschlussfähig. Die Einladung zu jeder Mitgliederversammlung muss einen Hinweis auf die erleichterte Beschlussfähigkeit enthalten“.

Im Februar 01 fand die 1. Mitgliederversammlung statt, an der 16 der 160 Mitglieder teilnahmen. Im Protokoll der Versammlung stand unter TOP 7 „Änderung der Satzung vom .....“:

„Da jedoch die Änderung der Satzung gem. § 9 Abs. 6 Satz 1 die Anwesenheit von zwei Dritteln der Mitglieder erfordert, diese jedoch nicht anwesend sind, kann eine Abstimmung über die Satzungsänderung nicht erfolgen. Es wird darauf hingewiesen, dass eine weitere Mitgliederversammlung notwendig ist, die dann die Beschlussfassung vornehmen kann. Den anwesenden Mitgliedern wird die weitere Mitgliederversammlung, zu der gemäß § 9 Abs. 6 Satz 2 einzuladen ist, angekündigt“.

Die weitere Mitgliederversammlung fand dann im Mai 01 bei Anwesenheit von 9 Mitgliedern statt, die unter TOP 4 einstimmig die anstehende Satzungsänderung beschlossen. Die Satzungsänderung wurde zur Eintragung angemeldet.

Das Registergericht forderte im Rahmen einer Zwischenverfügung vom Verein eine Kopie des Einladungsschreibens zur Mitgliederversammlung vom Mai 01, da eine Beschlussfassung einer Satzungsänderung nur wirksam erfolgen konnte, wenn die Mitglieder auf die Regelung des § 9 Abs. 6 ausdrücklich hingewiesen worden sind. Das Gericht begründete dies damit, dass bereits in der Vergangenheit beim Verein bei solchen Beschlüssen Probleme aufgetreten seien.

Dagegen ging der Verein vor und argumentierte u. a., dass das Registergericht grundsätzlich nicht zu prüfen habe, ob ein angemeldeter Beschluss wirksam zustande gekommen sei, sodass das Gericht auch nicht weitere Unterlagen anfordern kann. 

Das Urteil:

Die Zwischenverfügung des Registergerichts war wirksam und begründet. Das Gericht konnte das Einladungsschreiben anfordern, um die wirksame Beschlussfassung näher prüfen zu können.

Das Registergericht hat vor Eintragung einer Satzungsänderung das rechtmäßige Zustandekommen des Änderungsbeschlusses, wie auch seine inhaltliche Zulässigkeit zu prüfen. Die Beachtung von Ordnungsvorschriften hingegen, zum Beispiel bezüglich der Einberufung der Mitgliederversammlung, hat es nur dann zu prüfen, wenn im Einzelfall begründete Zweifel am wirksamen Zustandekommen des Änderungsbeschlusses bestehen. Ein Vereinsbeschluss ist grundsätzlich ungültig, wenn nicht alle Mitglieder in der durch die Satzung bestimmten Weise (§ 58 Nr. 4 BGB) ordnungsgemäß geladen worden sind.

Im vorliegenden Fall bestehen Zweifel, dass der Änderungsbeschluss vom Mai 01 wirksam zustandegekommen ist. Anhaltspunkte dazu ergeben sich aus dem Protokoll der 1. Mitgliederversammlung vom Februar 01. Dort wird zwar unter Hinweis auf § 9 Abs. 6 Satz 2 ausgeführt, dass eine 2. Mitgliederversammlung aufgrund der mangelnden Beschlussfähigkeit stattfinden und innerhalb welchen Zeitraums diese Versammlung stattfinden muss. Den Mitgliedern war aber offensichtlich nicht klar, dass die 2. Mitgliederversammlung anderen Anforderungen an die Beschlussfähigkeit unterliegt. Es besteht daher Anlass zur Sorge, dass der Verein die Mitglieder im Einladungsschreiben zur 2. Mitgliederversammlung auf diesen Umstand nicht besonders hingewiesen hat, sodass dies durch das Registergericht nachzuprüfen war. Der Verein hätte diese Zweifel ohne nennenswerte Kosten und Mühe leicht beheben können, wenn er dem Registergericht das Einladungsschreiben vorgelegt hätte.  

Hinweise für den Vorstand:

Der Fall behandelt klassische Probleme des Vereinslebens und enthält lehrbuchartig Tipps für die praktische Vereinsarbeit:

  • Die vorliegende Satzung enthält für die Beschlussfassung einer Satzungsänderung Anforderungen an die Beschlussfähigkeit der Mitgliederversammlung, konkret die Anwesenheit von zwei Dritteln der Mitglieder. Dass dies in der Praxis häufig nicht zu schaffen ist, ist bekannt. Wenn der Verein nicht handlungsunfähig sein soll, ist von solchen Klauseln abzuraten.

  • Die Satzung regelt die sog. „Wiederholungsversammlung“. Diese Gestaltung ist in vielen Satzungen anzutreffen und erfordert genaue Regelungen für das Verfahren der 2. Versammlung und das Verfahren, das in diesem Fall zu beachten ist. Dies wurde dem Verein hier auch zum Verhängnis, vor allem deshalb, weil der Verein offensichtlich beim Registergericht „kein unbeschriebenes Blatt“ war und in der Vergangenheit schon wegen Fehlern und Pannen aufgefallen war (die Akten des Gerichts vergessen nichts!). Wenn die Satzung schon so eine Verfahren vorsieht, sollte sich der Vorstand auch peinlich genau daran halten.

  • Man sollte sich gut überlegen, was man in das Protokoll der Mitgliederversammlung schreibt! Das Problem im vorliegenden Fall war hausgemacht. Den Hinweise im Protokoll der 1. Mitgliederversammlung vom Februar 01 waren grundsätzlich richtig aber unvollständig, vor allem was den Hinweis auf die geänderten Voraussetzungen der Beschlussfassung in der 2. Mitgliederversammlung anbelangt. Es wäre besser gewesen, den Hinweis auf § 9 Abs. 6 Satzung ganz wegzulassen oder die Mitglieder in der 1. Versammlung gleich vollständig zu belehren.

Merke: Vorstand, Versammlungsleiter und Protokollführer sollten stets genau prüfen, was in das Protokoll aufgenommen wird und was nicht.

  • Die Weigerung des Vereins, dem Registergericht das Einladungsschreiben der 2. Mitgliederversammlung vorzulegen war ungeschickt und führte letztlich zu keinem Ergebnis. Die Satzungsänderung wird, solange das Verfahren läuft, nicht eingetragen und es entstehen u. U. weitere Kosten für den Verein. Wenn der Verein im Rahmen der Anmeldung von Beschlüssen Hinweise des Gerichts bekommt, sollte man versuchen mit dem Gericht Kontakt aufzunehmen und nach einer Lösung des Problems zu suchen oder das Gericht zu überzeugen.    

(Quelle: http://www.redmark.de/verein/newsDetails?newsID=1288009524.68&d_start:int=3&topic=RechtOrganisation&topicView=Recht%20%26%20Organisation&b_start:int=0&-C=)

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