Sie möchten stets auf dem neuesten Stand bleiben? Dann empfehle ich Ihnen meinen Newsletter .
Fachbeiträge
Nachträgliche Ergänzung der Tagesordnung einer Mitgliederversammlung
Das Thema „Tagesordnung einer Mitgliederversammlung“ ist in der Praxis ein Dauerbrenner. Hier stellen sich häufig Fragen in Verbindung mit der ordnungsgemäßen Einberufung. Speziell die nachträgliche Ergänzung der Tagesordnung um weitere Anträge u. Ä. (z. B. zu Beginn der Mitgliederversammlung) wird heiß diskutiert. Die nachfolgende Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert. Zum einen werden hier die Rechte einer Minderheit der Vereinsmitglieder gestärkt. Zum anderen werden hier aktienrechtliche Vorschriften im Vereinsrechtangewandt.
Der Fall:
Am 26.01. stellt ein Mitglied im Vorfeld der Mitgliederversammlung einen Antrag auf Aufnahme eines Tagesordnungspunktes in die Tagesordnung.
Am 18.02. fragte es nach, ob der Antrag aufgenommen werde und erhielt vom Verein keine Antwort.
Daraufhin stellt das Mitglied am 23.02. einen Antrag analog § 37 Abs. 2 BGB an das Registergericht zur Ermächtigung der Ergänzung der Tagesordnung.
Am 25.02. gab der Verein die Tagesordnung – ohne den Antrag des Mitglieds – bekannt.
Am 04.03. ermächtigte das Registergericht das Mitglied zur Ergänzung der Tagesordnung per gerichtlicher Entscheidung.
Dagegen legte der Verein am 10.03. Beschwerde ein.
Die Mitgliederversammlung fand am 27.03. statt. Der Verein unterlag im einstweiligen Rechtsschutz und musste den TOP auf die Tagesordnung setzen.
Nach seinem Wortlaut betrifft § 37 BGB nur das sog. Minderheitenbegehren zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung. Nach der Rechtsprechung wird dieses Verfahren jedoch auch angewendet, wenn sich der Vorstand weigert, einen bestimmten TOP auf die Tagesordnung einer bereits einberufenen Mitgliederversammlung zu setzen.
Mit dem Verfahren nach § 37 Abs. 2 BGB kann mit Hilfe des Registergerichts erzwungen werden, dass die Tagesordnung einer bereits einberufenen Mitgliederversammlung nachträglich ergänzt wird!
Das Mitglied hatte seinen Antrag zur Ergänzung der Tagesordnung für die Mitgliederversammlung am 26.01. per E-Mail an die Geschäftsstelle des Vereins geschickt. Der Antrag war nachweislich fristgerecht eingegangen. Der Verein rügte jedoch die Form, da das Gesetz in § 37 Abs. 1 BGB verlangt, dass das Begehren schriftlich an den Verein zu richten sei.
Dieser Einwand ging ins Leere, da nach § 126a BGB die gesetzliche Schriftform des § 37 Abs. 1 BGB nach § 126 Abs. 2 BGB durch die elektronische Form ersetzt werden kann, da sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt.
Der Verein rügte weiter, dass die Tagesordnung im Verein jetzt nicht mehr ergänzt werden könne, da die Einberufung bereits am 25.02. erfolgt und die Ermächtigung des Gerichts erst am 04.03. eingetroffen sei. Dies ist jedoch nach Auffassung des Oberlandesgericht Frankfurt am Main kein Hinderungsgrund, da es in der Natur der Sache liegt, dass Fristprobleme bei einer nachträglichen Anordnung zur Ergänzung der Tagesordnung auftreten.
Diese Probleme dürfen jedoch nicht dazu führen, dass das Minderheitenrecht der Mitglieder ins Leere geht und die nachträgliche Ergänzung der Tagesordnung nicht möglich ist, obwohl der Antrag fristgerecht gestellt war. Damit würde das Recht nach § 37 BGB nicht greifen.
Das OLG greift hier in die Trickkiste und wendet Vorschriften aus dem Aktiengesetz an:
-
Wenn keine satzungsgemäßen Fristen (was erfahrungsgemäß bei kaum einer Satzung der Fall ist!) zur nachträglichen Ankündigung von Minderheitenanträgen bestehen, ist ein Minderheitenantrag nach dem OLG Frankfurt am Main noch fristgerecht, wenn er so vom Gericht entschieden wurde, dass die gerichtliche Ermächtigung zur Ergänzung der Tagesordnung den Mitgliedern innerhalb einer Frist von zehn Tagen (analog § 124 Abs. 1 Satz 2 AktG a.F.) ab der Einberufung der Mitgliederversammlung bekanntgegeben wird. Diese Regelung ist auch im Vereinsrecht anzuwenden.
-
Die Regelung des § 124 Abs. 1 Satz 2 AktG n.F. enthält zwar nicht mehr ausdrücklich die Zehn-Tagesfrist. Das OLG Frankfurt am Main stellt jedoch auf die aktuellen Regelungen in §§ 122 Abs. 2 Satz 3, 123 Abs. 1 und 124 Abs. 1 Satz 1 AktG ab, wonach die nachträgliche Bekanntmachung der von der Minderheit zur Aufnahme in die Tagesordnung verlangten Gegenstände möglich ist. Zwar ist dort eine ausdrückliche Zehn-Tages-Frist nicht mehr genannt. Aus dem Zusammenspiel der gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich jedoch, dass der Zeitpunkt, bis zu dem die nachträgliche Bekanntmachung des zusätzlichen TOPs erfolgt sein muss, nicht wesentlich unterhalb dieser bisherigen Frist von zehn Tagen liegen dürfte.
-
Bezogen auf den Fall, ergibt sich daher folgendes Ergebnis: Die reguläre Tagesordnung war den Mitgliedern am 25.02. bekanntgegeben worden. Der Beschluss des Amtsgericht traf am 04.03. ein und war dem Verein sofort per Fax mitgeteilt worden, sodass acht Tage verstrichen waren und damit die Zehn-Tagesfrist gewahrt war.
(Quelle: http://www.verein-aktuell.de/vereinsrecht-organisation-fuehrung/vorstand-mitgliederversammlung-co/nachtraegliche-ergaenzung-der-tagesordnung-einer-mitgliederversammlung)