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Satzungsänderung kann Amtszeit des Vorstands nachträglich verkürzen

Eine Satzungsänderung kann auch rückwirkende Auswirkungen haben. Vorstände sollten daher stets sehr sorgsam auf die Regelungen der gültigen Satzung achten und bei anstehenden Satzungsänderungen deren Auswirkungen beachten.

Der Fall

Die Satzung des Vereins sah für den Vorstand eine vierjährige Amtsperiode vor. Die letzte Wahl fand am 28.10.2010 statt. Auf Initiative des Vorstands wurde in der Mitgliederversammlung am 14.12.2011 die Satzung geändert und die Amtsperiode auf zwei Jahre verkürzt. Die Satzungsänderung wurde am 16.05.2012 eingetragen.

Der Vorstand berief die nächste Mitgliederversammlung zum 30.09.2012 ein. Die Tagesordnung sah keine Neuwahlen vor. Einige Mitglieder beantragten daher die Aufnahme des Tagesordnungspunktes „Neuwahlen des Vorstandes“. Diesen Antrag lehnte der amtierende Vorstand ab, was die Mitglieder in der Versammlung am 30.09.2012 beanstandeten. Neuwahlen fanden am 30.09.2012 nicht statt. An der Mitgliederversammlung vom 30.09.2012 nahmen 117 von 2.094 Mitgliedern teil.

Daraufhin erhoben einige Mitglieder Klage gegen den Verein, mit dem Ziel:

1. der Feststellung der Nichtigkeit der in der Mitgliederversammlung am 30.09.2012 gefassten Beschlüsse

2. der Verurteilung des Vereins, im Rahmen einer umgehend einzuberufenden Mitgliederversammlung eine Neuwahl des Vorstandes durchzuführen.

Das Amtsgericht gab der Klage im vollen Umfang statt, die Berufung des Vereins wurde vom LG Koblenz zurückgewiesen, sodass das Urteil des Amtsgerichts rechtskräftig ist.

Das Urteil ist für die Praxis sehr interessant und behandelt strittige Punkte, die bei Vereinen immer wieder vorkommen:

  • Kann die Amtszeit des Vorstands, wenn er ordnungsgemäß auf der Grundlage der gültigen Satzung bestellt worden ist, nachträglich verkürzt oder erweitert werden?

  • Kann eine Satzungsänderung rückwirkende Wirkung entfalten oder wirkt eine Satzung erst ab Eintragung in das Vereinsregister und dann nur für die Zukunft?

  • Ist das Einberufungsorgan verpflichtet, Anträge auf Ergänzung der Tagesordnung der Mitgliederversammlung nach deren Einberufung aufzunehmen?

  • Kann ein vergessener oder nicht aufgenommener Tagesordnungspunkt dazu führen, dass sämtliche(!) Beschlüsse der Mitgliederversammlung nichtig sind?

Das Urteil

Die Feststellungsklage der Mitglieder war nach § 256 ZPO zulässig und begründet. Durch die Nichtaufnahme des TOP „Neuwahlen des Vorstandes“ in die Tagesordnung der Mitgliederversammlung am 30.09.2012 waren die Mitglieder in ihren satzungsmäßigen Rechten verletzt worden. Der Vorstand hatte gegen die Satzung verstoßen. Durch die unvollständige Tagesordnung waren nur wenige Mitglieder der Ladung gefolgt, sodass davon auszugehen ist, dass bei einer Ankündigung des TOP „Neuwahlen“ wesentlich mehr Mitglieder gekommen wären und damit auch alle anderen gefassten Beschlüsse anders getroffen worden wären. Der Verein ist daher verpflichtet, umgehend eine neue Mitgliederversammlung durchzuführen und Neuwahlen anzusetzen. Die sonstigen Tagesordnungspunkte müssen allesamt wiederholt werden.

1. Kann die ursprüngliche Amtszeit des Vorstands nachträglich verkürzt werden?

Die Satzung eines e. V. ist einem Vertrag ähnlich und kann daher grundsätzlich – anders als bei Gesetzen! – im Einzelfall nachträglich – im Einzelfall auch rückwirkend – geändert werden. Eine Satzungsänderung und deren Umfang unterliegt der Satzungsautonomie des Vereins und damit der Entscheidungshoheit der Mitglieder. Dies gilt nach dem Gericht erst recht bei der Bestellung von Vorstandsmitgliedern.

Vorstandswahlen finden zunächst immer auf der Grundlage der im Zeitpunkt wirksamen Satzung des Vereins statt. Im vorliegenden Fall sah diese 2010 eine Amtszeit von vier Jahren vor.

2011 wurde die Satzung wirksam geändert und eingetragen und sah jetzt eine Amtszeit von zwei Jahren vor.

Für den amtierenden Vorstand ist daher die Satzungsänderung vom 14.02.2011 ebenfalls maßgebend und verbindlich und wirkt damit auf die Bestellung von 2010 zurück mit der Wirkung, dass der Vorstand nicht mehr vier sondern nur zwei Jahre im Amt ist und damit die Amtszeit am 28.10.2012 endet. Diese Auffassung wird auch in der Kommentarliteratur vertreten.

Folge: Aufgrund der auslaufenden Amtszeit wäre der amtierende Vorstand verpflichtet gewesen, in die Tagesordnung der Mitgliederversammlung vom 30.09.2012 den TOP „Neuwahlen des Vorstandes“ aufzunehmen.

2. Anspruch auf Aufnahme des TOP „Neuwahlen des Vorstandes?“

Der Vorstand war nicht befugt, von sich aus den Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung um die TOP „Neuwahlen des Vortandes“ abzulehnen. Dieses Prüfungsrecht steht dem Vorstand als Einberufungsorgan nicht zu.

Durch die Ablehnung dieses TOP wurden die Mitglieder in ihren originären Rechten als Vereinsmitglieder in ihren satzungsmäßigen Rechten verletzt.

Durch diesen Verfahrensfehler des Vorstands ergeben sich weitreichende Auswirkungen auf die Mitgliederversammlung vom 30.09.2012.

3. Nichtigkeit sämtlicher Versammlungsbeschlüsse?

Das Gericht argumentierte, dass der Fehler, den TOP „Neuwahlen“ nicht in die Tagesordnung aufzunehmen, so weit wirkt, dass sämtliche Beschlüsse der Versammlung vom 30.09.2012 nichtig sind.

Denn: Durch den Einberufungsfehler sind nur 117 der 2.094 stimmberechtigten Mitglieder zur Versammlung erschienen, da offensichtlich den angekündigten Punkten der Tagesordnung keine Bedeutung beigemessen wurde. Wenn dagegen der TOP „Neuwahlen“ angekündigt worden wäre, worauf alle Mitglieder seit längerer Zeit gewartet haben und dies bereits in der Presse thematisiert worden ist, wären wesentlich mehr Mitglieder zur Versammlung gekommen.

Damit besteht nach Auffassung des Gerichts eine erhebliche Wahrscheinlichkeit, dass sämtliche Beschlussergebnisse der getroffenen Entscheidungen bedingt durch eine wesentlich größere Anzahl anwesender Stimmberechtigter wesentlich abweichender ausgefallen wären.

Aus diesem Grund ging das Gericht davon aus, dass sämtliche Beschlüsse der Versammlung vom 30.09.2012 nichtig sind.

4. Verpflichtung zur Aufnahme des Tagesordnungspunktes

Das Gericht verpflichtete den Verein daher, unverzüglich eine neue Mitgliederversammlung einzuberufen und Neuwahlen durchzuführen.

Grundsätzlich wirken Satzungsänderungen erst mit Eintragung in das Vereinsregister (§ 71 Abs.1 BGB), also damit in die Zukunft und nicht rückwirkend. Wie der Fall zeigt, kann dies im Einzelfall auch anders gesehen werden.

Gravierend sind auch die Hinweise und die Auffassung des Gerichts, dass vergessene oder übersehene Tagesordnungspunkte so weitreichende Auswirkungen haben können, dass die Beschlüsse einer ganzen Mitgliederversammlung nichtig sind. Darauf sollte bei der Vorbereitung und Einberufung durch den Vorstand genau geachtet werden.

(Quelle: http://www.redmark.de/verein/newsDetails?newsID=1280157534.62&d_start:int=3&topic=RechtOrganisation&topicView=Recht%20%26%20Organisation&b_start:int=0&-C=)

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